Friday, September 26, 2008

Home Study - das zweite Interview



















Wir waren wieder einmal in Harrisburg zu einem Interviewtermin. Ja, es ist das Harrisburg mit 3-mile-island und Reaktorunfall 1979.
An unserem Interviewtag strahlte es dort aber weniger, es goß eher aus allen Kübeln. Vor diesem Gespräch waren wir  (na gut es war eher ich als Georg) ziemlich nervös und ich hatte solch heftige Phantasien darüber was sie uns fragen könnten, daß ich die Nacht davor kaum geschlafen habe. Stellte sich dann heraus, dass das Interview absolut harmlos war. Die Sozialarbeiterin ist eher etwas tranfunzelig und weiß auch gerne mal keine Antwort auf organisatorische Fragen. Es war also alles sehr unbedrohlich und locker. Wäre natürlich schön wenn sie jetzt auch für unseren dritten und letzten Termin zuständig wäre - aaaaber, sie hatte heute ihren letzten Arbeitstag bei unserer Agentur. Jetzt bekommen wir ne Neue. Seufz. Nur nicht aufregen, ommmm, ganz ruhig! Scheiße! Der letzte Termin wird bei uns zuhause stattfinden. Hausbesichtigung und so. Schluck! Unser Bad ist doch immer noch so scheußlich, muss unbedingt renoviert werden, aber wir haben die Kohle noch nicht zusammen. 

In der Zwischenzeit müssen wir Lehrfilme schauen in denen erklärt wird welche Probleme Kinder haben können, die längere Zeit in Heimen verbracht haben und was man tun kann um ihnen zu helfen. Ist sehr interessant, es geht hauptsächlich darum die Bindung von Kindern an ihre neuen Eltern zu erleichtern. Sie haben ja in unterschiedlichem Maße schon einiges mitgemacht wenn sie bei uns ankommen und es wird ganz sicherlich sehr traumatisch für sie werden von allem was sie kennen getrennt zu werden.

 Wenn wir mit den Filmen fertig sind müssen wir einen Internet-Test bestehen, scheint aber nicht wirklich sehr schwierig zu sein. Wir lernen auch gerade, dass hier in Amerika ein Wahnsinns-Wert darauf gelegt wird, dass wir absolut sicher sind, dass wir wirklich eine "transracial adoption" wollen. Die Bedenken gegen eine Mischung der Hautfarben sind wirklich noch sehr hoch, nicht zuletzt auch von Seiten der Afroamerikaner. Ich habe meine junge, schwarze Kollegin gefragt was sie denn von der Sache hält. Sie ist 18 und gerade mit der Highschool fertig. Sie denkt es könnte sein, dass wir vielleicht manchmal Probleme haben könnten zu verstehen was das Kind an Vorurteilen und Kommentaren abbekommt, da wir nicht selber solche Diskriminierung erlebt haben. Sie denkt aber auch, dass es gut ist, dass Menschen über solche Barrieren steigen und Veränderungen einleiten. Ihre eigene Mutter hatte auch früher Pflegekinder, auch südamerikanischer Abstammung die nicht sehr dunkelhäutig waren. Es war sehr interessant was sie alles zu sagen hatte. Sie ist traurig, dass viele schwarze Jugendliche ihres Alters das "African American" sein als Witz abtun. Sie hat das Gefühl sie würden sich selber parodieren um immer gute Stimmung zu erzeugen. Das ist natürlich auch keine Lösung. 

Ich selber kann kaum fassen, dass wir als Menscheit es immer noch nicht geschafft haben die banale Tatsache der unterschiedlich Pigmentierung eines Körperorgans von unseren Wertvorstellungen eines Menschen zu trennen. Es wäre ja in Deutschland auch nicht viel einfacher für das Kind. Es wird sicher nicht leicht, aber wir sind nicht die Einzigen, und es wäre einfach unglaublich ein Kind dass in einem Waisenhaus in einem der ärmsten Länder der Welt sitzt dort sitzen zu lassen (und im übrigen einem anderen Kind, das auf der Straße lebt diesen Platz nicht freizumachen), nur weil ein paar Deppen meinen sie könnten uns ihre schwachsinnigen Vorurteile aufzwingen. Das einzige, was mir doch manchmal ein schlechtes Gewissen macht, ist, dass unser Kind sich ja nicht ausgesucht hat ein Freiheitskämpfer zu werden. Wir drücken es diesem Kind schon irgendwie auf die Fackel der Vorurteilsbekämpfung zu tragen. Die Alternative wäre aber unserer Meinung nach schlimmer und wir hoffen das alles unserem Kind später, viel später einmal erklären zu können. Vorläufig ist unser Ziel einfach nur ein glückliches Kleinkind zu haben, aus dem einmal ein selbstbewußter Mensch wird. 

Chris

PS. Das Foto oben ist gemogelt. Das war bei unserem ersten Interview. Da lag noch Schnee in Harrisburg. 

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